Bericht zum Branchentag Naturbau 2017

Branchentag Naturbau: "Von der Nische zu Massenmarkt – Hausbau als CO2 Speicher"

Am 6. Mai 2017 fand der diesjährige Branchentag Naturbau des Fachhandelsverbundes ökologischer Baustoffhändler, ÖkoPlus, im Biohotel Almodóvar in Berlin statt.

Bei dieser hochkarätig besetzten Veranstaltung wurden die Möglichkeiten zukunftsweisender Bausysteme und Strategien für einen möglichen und dringend notwendigen Wandel unserer Baukultur, intensiv diskutiert.

Die Veranstaltung, unter dem Motto: "Naturbau: Von der Nische zu Massenmarkt – Hausbau als CO2 Speicher", wurde mit einem Impulsvortrag von Dr. Hermann Fischer zum Thema:

„Eine neue Ära beginnt – von der fossilen zur biogenen Wirtschaft“ eröffnet.

Dr. Fischer hat vor 30 Jahren die Firma Auro Pflanzenchemie AG gegründet, die nachhaltige Farbsysteme und Naturfarben herstellt. Dr. Fischer gilt als Vorreiter seiner Branche. Fischer rief in Erinnerung, dass die fossilen Brennstoffe und Rohstoffe endlich sind und das Verbrennen von Erdöl massiv zum Klimawandel beiträgt, warnte aber gleichzeitig davor, den Wandlungsprozess zu mehr Nachhaltigkeit auf die Reduktion des CO2 Austoßes zu begrenzen.

„Die Diversität ist das Erfolgsprinzip der Biosphäre“ so Dr. Fischer und dafür gilt es mit fachlicher und emotionaler Kompetenz, also mit Hartnäckigkeit, Ausdauer, Leidenschaft und Mut, zu kämpfen.

Gängiges Vorurteil, dass Naturbaustoffe deutlich teurer sind, als konventionelle kann nicht bestätigt werden

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Nicolas Besser, von der Deutschen Umwelthilfe (DUH), zeigte Lösungsansätze auf dem Klimawandel etwas entgegen zu setzen. Einerseits betonte er das große Potenzial Hausbau als CO2 Speicher zu nutzen. Andererseits wies er daraufhin auf wenig zukunftsfähige Bausysteme, basierend auf hohem Flächenverbrauch und nicht nachhaltigen Baumaterialien wie PVC, Polystrol und Stahlbeton etc. möglichst zu verzichten. Alleine die Möglichkeiten des Sanierens mit Naturdämmstoffen, so Nicolas Besser, bietet riesiges Potenzial CO2 einzusparen, da durch eine vernünftige Dämmung viel weniger geheizt werden muss. Das bedeutet auch, dass langfristig Kosten gespart werden, wenn im Hausbau der Zukunft konsequent auf gute Dämmung, Solarthermie und regenerative Energien gesetzt werden würde. Die technischen und gestalterischen Möglichkeiten natürliche und nachwachsende Rohstoffe einzusetzen gibt es allerhand.

Ein gängiges Vorurteil wurde mehr oder weniger zumindest unter den Gästen der Veranstaltung aus dem Weg geräumt: Nämlich, dass Naturbaustoffe deutlich teurer sind, als konventionelle Rohstoffe. Das kann so nicht bestätigt werden. Zumal die externen Kosten, die mit einer nicht nachhaltigen Bauweise auf die Gesellschaft und zukünftigen Generationen zukommen, nicht in den Preis mit eingerechnet sind.

Natürliche Baustoffe stehen konventionellen in nichts nach

In der Folge wurden in verschiedenen Vorträgen Beispiele zukunftsfähiger und nachhaltiger Häuserprojekte an Praxisbeispielen aus Deutschland, Österreich und aus Frankreich vorgestellt. Frau Hildegundi Figl (IBO Wien) stellte zudem das Modell „Ökokauf Wien“ und die zum Teil in Österreich bereits praktizierten Vorgaben für die nachhaltige Beschaffung vor.

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Manas Melliwa (cncp-feuillette) aus Frankreich zeigte, wie das Kollektiv große Bauprojekte unter anderem bestehend aus Strohballen realisiert. Auf die Frage aus dem Publikum, warum die Umsetzung in Frankreich so gut funktioniert, antwortete Herr Melliwa, dass sowohl eine Grasroot-Bewegung aus der Bürgerschaft entstand, die anfing „einfach zu machen“. Politische Weichenstellung auf der anderen Seite haben die Bedingungen für nachhaltige Bauprojekte „von Oben“ begünstigt.

Nun so sind sich alle einig, gilt es an verschiedenen Praxisbeispielen im privaten und öffentlichen Raum mehr und mehr zu zeigen, dass Naturbaustoffe im gestalterischen und technischen, den konventionellen Rohstoffen, die bisher oft Einsatz fanden, in nichts nachstehen.

Naturbaustoffe und Material für große Bauprojekte sind vorhanden

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Ludger Dederich, Professor für Holzbau an der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg, zeigte in einem mitreißenden Vortrag die Probleme mit dem Baurecht auf, aber stellte auch interessante Möglichkeiten der Einflussnahme hinsichtlich der Entwicklung zu einer nachhaltigeren Bauwirtschaft auf. Das Fazit ist: Das Material um nachhaltig zu Bauen und Naturbaustoffe für große Bauprojekte einzusetzen ist vorhanden.

Labels sollen dem Verbraucher zukünftig Vorteile von Ökobaustoffen und nachhaltigem Bauen besser kommunizieren

In einem weiteren Themenblock wurden die Notwendigkeiten und Möglichkeiten, die Probleme und der Stand der Entwicklung bezüglich Zertifizierung und Labeling behandelt. Diesbezüglich gibt es unterschiedliche Strömungen, die für ökologischen Hausbau wichtig sind: Zum einen die Zertifizierung und Labeling von Gebäuden (DGNB, BNB) und von Baustoffen (Natureplus).

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Vielleicht kann man versöhnlich feststellen, dass Zertifizierungen zum einen sehr komplex sind und es noch einiges zu tun gibt, um die derzeitigen Zertifizierungen konsequenter als bisher als Mittel, um CO2 zu sparen einzusetzen und auf nachwachsende Rohstoffe aufzubauen. Zum anderen wurde über die Möglichkeiten von Labels im Baustoffbereich mit Vertretern von Natureplus diskutiert. Das Zertifizierungsverfahren ist teuer und verhindert so bisher eine breite Marktdurchdringung. Über mögliche Alternativen wurde diskutiert ohne direkt einen gangbaren Weg zu finden. Es wurde aber deutlich, dass es nötig ist, dem Verbraucher so einfach wie möglich zu kommunizieren, welche Qualitäten die von den Naturbaustoffhändlern angebotenen Waren besitzen. Die Diskussion wird auch nach der Veranstaltung weitergehen.

Viele Akteure müssen zusammen arbeiten, damit das Potenzial von nachhaltigem Bauen genutzt werden kann

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Auf der abschließenden Podiumsdiskussion mit Vertreter/innen aus den verschiedenen Parteien, allesamt Mitglieder des Deutschen Bundestags, wurde das Thema "Naturbau: Von der Nische zu Massenmarkt – Hausbau als CO2 Speicher" aus der Sicht der Politik diskutiert und diese kamen zum abschließenden Fazit, dass viele Akteure zusammen bewirken können, dass nachhaltiges Bauen und der Einsatz von Naturbaustoffen als CO2 Speicher absolut möglich sind und dass dieses Potenzial bei zukünftigen Bauprojekten mehr und mehr auf der Agenda stehen sollte.

Pläne werden geschmiedet

Im Anschluss an den Branchentag Naturbau trafen sich dann noch viele der anwesenden Akteure, um eine Weiterarbeit am Thema zu besprechen und Pläne für die Zukunft zu schmieden. Das gelang recht gut und in Zukunft soll das Thema des Branchentages Naturbau: Von der Nische zu Massenmarkt – Hausbau als CO2 Speicher noch mehr in die Öffentlichkeit und auf die politische Ebene gebracht werden.

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Stimmen der Gäste über die Veranstaltung:

"Der Branchentag sollte anregen, über den Tellerrand des Naturbaustoffhandels zu schauen. Und ich denke das ist gelungen", Ulrich Steinmeyer, Vorstand der ÖkoPlus AG.

"Wieder mal eine höchst interessante und motivierende Veranstaltung", Teilnehmer vom Niederrhein.

"Der Branchentag war eine sehr abwechslungsreiche und interessante Veranstaltung. Das Thema 'ökologisches Bauen' ist so vielseitig und wurde von allen möglichen Perspektiven beleuchtet. Ich habe viel für meine Arbeit mitgenommen, vielen Dank", Teilnehmerin aus Süddeutschland.