19.10.2021 Rückschau: Branchentag Naturbau 2021: Zukunftsweisend und gelungen

Rückschau: Branchentag Naturbau 2021: Zukunftsweisend und gelungen

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Über 100 Teilnehmende hatte der Branchentag Naturbau 2021 in Zeulenroda und die Rückmeldungen waren positiv bis begeistert. Viele junge Leute waren dabei und es gab eine deutliche Aufbruchsstimmung.





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Gute Ausstellungsmöglichkeiten, schönes Hotel, gutes Essen, gute Stimmung, viele junge Leute und das Wetter war auch schön. Es passte alles.

Der Branchentag bestand aus 3 Teilen: Am Freitag fanden sehr spannende Vorträge zur Zukunft des Weltklimas und der Naturbaubranche statt, am Samstag die Ausstellung von insgesamt 28 Ausstellern und am Sonntag die Hauptversammlung der AG mit Festlegung der weiteren Arbeit. Zusätzlich gab es am Samstag nach der Ausstellung die Jahres-Mitgliederversammlung der am Webshop (Ökoplus eG) beteiligten Händler.

Die Eröffnung machte am Freitag Thomas Henningsen, der als Organisator für internationale Greenpeace Kampagnen tätig war, mit einem bildgewaltigen Vortrag. Darin machte er den derzeitigen Verlauf des Klimawandels und die Notwendigkeit des Handelns dagegen deutlich. Das war sehr beeindruckend und ein vergleichbarer Vortrag ist unter https://www.youtube.com/watch?v=pvIBOQ6gimg anzuschauen. Teilweise war es schwer zu verdauende Kost.

Wie dann Handlungsmöglichkeiten gegen die Klimakrise aussehen können, machte er durch seine Beratungstätigkeit für einen Malerverband deutlich. Dort berät er die Malerbetriebe in ihrem Bestreben auf eine nachhaltige Firmenpolitik. Dazu gehört auch, deren Hersteller wie Caparol und Brillux zu einer nachhaltigen Produktion zu bewegen. Für die Beratung von Firmen in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie ist er bei der gemeinnützigen „Orca gGmbH“ tätig und ansprechbar (thomas.henningsen@orca-climate.org).

Vor einigen Wochen erhielt Ökoplus die Anfrage von Remmers, ob sie mit ihrer neue „Grünen Linie“ bei Ökoplus Lieferant werden können. Die beiden Ereignisse machen deutlich, dass sich im Bereich der Naturbaustoffe in den nächsten Jahren massive Veränderungen ergeben werden. Dazu muss sich Ökoplus verhalten. Wie können wir uns gegen Greenwashing behaupten und was machen wir, wenn die Großchemie tatsächlich grüne Lösungen entwickelt?

An diese Fragestellung knüpfte der nächste Vortrag an. Sonja Toaspern, Dipl. Biologin mit Studienschwerpunkt auf Mikrobiologie und Toxikologie, stellte die Kriterienarbeit und das weiterentwickelte Kriterienkonzept von Ökoplus vor. Ökoplus hatte vor gut 20 Jahren als erster Akteur ein System zur Bewertung von Naturbaustoffen erarbeitet. Ziel war es, gute von schlechten Baustoffen unterscheidbar zu machen. Leider konnte das System damals nicht wirklich anwendungspraktisch entwickelt werden. Das hing einerseits mit unzureichenden Daten über die Baustoffe zusammen, zum anderen aber auch mit nicht ausreichenden Ressourcen bei Ökoplus. Inzwischen gibt es durch eine neue Gesetzgebung gute und öffentlich zugängliche Daten zu den meisten Baustoffen und Ökoplus hat die finanziellen und mit Sonja Toaspern auch personellen Ressourcen, um den größten Teil der Naturbaustoffe im Sortiment von Ökoplus bewerten zu können. Außerdem hat Ökoplus durch seine gute Arbeit und den breiten Zuspruch durch die Händler die finanziellen Mittel, um die Bewertung unabhängig von den Herstellern organisieren zu können. Die Bewertung arbeitet mit 25 Kriterien, die mit unterschiedlicher Gewichtung in die Gesamtbewertung einfließen. Dabei werden u.a. die Technischen Merkblätter, die Sicherheitsdatenblätter und die Abfallschlüssel der Produkte herangezogen und ausgewertet. Dadurch sind wir künftig in der Lage, „grüne Linien“ von eher fragwürdigen Herstellern aus der Chemieindustrie kritisch prüfen zu können und uns dazu ins Verhältnis zu setzen. Wenn diese Greenwashing betreiben, dann sollte das von uns auch so benannt werden und wenn sie gute Produkte auf den Markt bringen, sollten wir das wissen. In jedem Fall wird sich dort viel ändern und wir werden nicht umhinkommen, uns damit auseinander zu setzen. Dafür sind wir nun gerüstet.

Im nächsten Vortrag stellten Vertreter:innen von Architects for Future ihre Arbeit in vielen Ortsgruppen in Deutschland vor. Nach den Zahlen muss es rund 500 Leute geben, die sich in den verschiedenen Ortsgruppen organisieren. Die Ortsgruppen haben jeweils eigene Themen und Schwerpunkte. Bundesweit sind sie das erste Mal deutlich mit der Petition „Bauwende jetzt“ https://www.architects4future.de/petition-bauwende-jetzt in Erscheinung getreten. Sie organisieren viel (Bildungs-) Veranstaltungen und versuchen auf lokaler und bundesweiter Ebene Druck auf die Politik in Richtung nachhaltige Bauwirtschaft auszuüben und in der Ausbildung die Themen des nachhaltigen Bauens stärker zu verankern. Wie sich in der anschließenden Diskussion zeigte, ist davon noch nicht viel in den Naturbaustoffhandlungen als konkrete Nachfrage angekommen. Dennoch ist damit ein neuer Akteur entstanden, der für die Naturbaubranche eine Rolle spielen wird. Das Ziel sollte sein, gemeinsam dicke Bretter zu bohren.

Zum Abschluss hielt dann Marlen Richter einen Vortrag über die „Unverpackt-Läden“ https://unverpackt-verband.de/about-us. Davon gibt es in Deutschland inzwischen mehrere hundert. Ziel der Läden ist neben dem Angebot von überwiegend Biokost auf Verpackungen zu verzichten oder diese wiederzuverwenden. Sie zeigt dabei einige Möglichkeiten, die auch für die Naturbaubranche passend sein könnten. Das Problem der Verschmutzung der Meere mit Plastikmüll hatte zuvor schon Thomas Henningsen eindringlich gemacht.


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Abends viel Zeit zum Austausch
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Diesmal haben wir Gerd Meurer und WEM für seine innovative Firmenpolitik geehrt

Am Folgetag gab es auf der Ausstellung der Hersteller und Lieferanten von Ökoplus dann auch 2 Akteure, die sich das Thema vorgenommen haben. Leinos bietet inzwischen ein Pfandsystem mit Pappeimern für Wandfarbe an und EcoEzee bietet Pappeimer und Naturprodukte für den Malerbereich an (aus Holz, Naturborsten und Pappe). Insgesamt nahmen 28 Aussteller an dem Treffen teil und da auch viele neue und junge Händler dabei waren, gab es bis zum Ende ein „Summen“ im Raum, das von der Vielzahl der Gespräche zeugte. Um 17 Uhr waren einige Händler noch nicht bei allen Herstellern gewesen und nahmen sich noch schnell Infomaterialien mit. Da viele neue Hersteller (wie Strohplatten oder Schafwolldämmung) dabei waren, und auch die bestehenden Hersteller wie Leinos Neuerungen im Programm hatten und sich viele seit gut 2,5 Jahren nicht gesehen hatten, gab es viel zu besprechen.


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Nach der Ausstellung und vor dem Abendessen trafen sich dann noch die Händler, die zusammen den „Ökoplus Webshop“ betreiben. Dafür hatten wir vor 2 Jahren eine Genossenschaft gegründet. Auf dem Treffen waren 12 von 17 Händlern anwesend und es wurde 2,5 Stunden sehr intensiv der jetzige Stand und die Zukunft des Webshops besprochen. Der Webshop ist nun seit knapp einem Jahr online. Er läuft technisch gut und es sind schon über 10.000 Artikel eingestellt. Der Webshop hat deutliche Wachstumszahlen und es gibt einen sehr solidarischen und zukunftsorientierten Umgang miteinander, mit dem Dienstleister Jenpix, der die Arbeit sehr gut macht und unter den Händlern untereinander. Der Webshop wird mit 4,89 von 5 Punkten im Internet geratet. Die beteiligten Händler sind optimistisch, den Webshop zum Erfolg zu bringen.

Am Sonntag traf sich dann die Ökoplus AG zu ihrer Hauptversammlung. Es wurde der Jahresbericht vorgestellt, der Finanzbericht und der Jahresabschluss wurde beschlossen. Außerdem wurde der Aufsichtsrat und der Beirat neu gewählt (keine Veränderungen, aber in ca. 2 Jahren werden die letzten 2 Gründungsmitglieder den Aufsichtsrat/Beirat verlassen) und die Arbeitsschwerpunkte des Verbandes für 2022 wurden besprochen. Diese werden schwerpunktmäßig in den Bereichen Kriterienarbeit, Marketing, Netzwerkarbeit und der Unterstützung von Neugründungen und Geschäftsübergaben liegen. Da die Stimmung gut und konstruktiv war und viele Themen schon zuvor diskutiert wurden, dauerte die gesamte Hauptversammlung inkl. der Wahlen nur rund eine Stunde.

Das Hotel war mit seinen Räumlichkeiten sehr schön, die Umgebung auch, die Sonne schien, das Essen war gut, abends konnte entsprechend gefeiert und geredet werden. Alles zusammen genommen war der Branchentag Naturbau ein voller Erfolg und viele Teilenehmende äußerten sich sehr zufrieden. Durch die Mischung und zukunftsorientierte Ausrichtung der Vorträge, die eine deutliche Verbindung zueinander hatte, durch die vielen jungen Teilehmer:innen und zusätzliche Akteure wie Architects for Future gab es eine deutlich spürbare Aufbruchsstimmung. Es wurde deutlich: In den nächsten Jahren wird sich viel ändern und die Naturbaustoffbranche und Ökoplus ist dafür gerüstet.

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